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Ein paar Lesetipps…

Kreuzritter 2.0 – Im Netz der Islamfeinde

„Politically Incorrect“ – Parteien, Populisten, Publizisten

Herres Netzwerk – Auf Du und Du mit Europas Rechter

 

Eine Kurzzusammenfassung gibt es beim Politblogger.


Das rassistische Blog PI-News

Nun fragen einige: “PI und rassistisch? Neihen! Es wird lediglich eine sachlich fundierte Islamkritik betrieben.”

Nun denn… Wo war doch hier gleich die sachlich fundierte Islamkritik bei PI?

Zitat:

gibt der Comic-Verlag bekannt, dass die 1962 von Stan Lee und Steve Ditko geschaffene „weiße“ Comic-Figur Peter Parker politisch-demographisch-korrekt durch einen halben Afroamerikaner und halben Latino ersetzt wird. Künftig wird sich hinter der Maske Miles Morales verbergen, der – wie uns der Verlag beruhigt – wegen seines „einzigartigen Charakters den Namen Spiderman verdient.” Wie Marvel weiter mitteilt wollte man mit dem neuen Spiderman einen Charakter „mit der ganzen Vielfalt und Erfahrung des 21. Jahrhunderts“ schaffen. – Überflüssig zu sagen, dass die Medien applaudieren, würde durch diese Mutation doch „endlich ein Schwarzer in die erste Liga der Comichelden aufsteigen“.

Solche Beiträge sind bei PI zwar nichts besonderes, jedoch muss man klar sagen, dass mit ihnen die Essenz dessen offenbart wird, was bei PI, Pro-XYZ, NPD, FPÖ, REP und wie sie sonst noch alle heißen mögen, “Islamkritik” genannt wird. Wenn bei PI der Begriff “Islamisierung” fällt, dann steckt dahinter in Wahrheit der Begriff “Entarisierung”.

Danke an Bernd für den Hinweis.

Und eine Quizfrage als Nachtrag. Welche Zeitung schreibt folgendes(Screenshot von 21:47 Uhr)?

Jetzt sollen politisch korrekten Spider-Man sollen Bösewichter ins Netz gehen...

Dreimal dürft Ihr raten.


Portrait eines Genres

Obgleich der Anlass traurig ist, ist es in der Sache notwendig:
In der taz findet sich ein gelungener Versuch, die Islamkritiker-Szene zu portraitieren und einzelne Strömungen voneinander zu differenzieren. Dies ist notwendig, um den Attentäters von Oslo nicht Denkströmungen zuzuordnen, von denen er im Kern sogar weit entfernt ist.

Einleitend geht es dabei um die plötzliche “Differenzitis” nach einem schweren Verbrechen, die da sagt, man solle die Tat eines politischen “Einzeltäters” nicht mit seinen politischen Ansichten und Loyalitäten in Verbindung bringen, sondern die Tat als die Tat eines einzelnen begreifen und rein psychologisch betrachten. Die Rede ist von den Reaktionen auf den politischen Mord an den niederländischen Regisseur Theo van Gogh im Jahre 2004.

Diese Einleitung ist deshalb wichtig, da sich nun eine sehr ähnliche Diskussion abspielt. Nur sind die Rollen heute andere. Seinerzeit wurden auf der einen Seite alle Muslime, der Islam als ganzes und die Einwanderung als solche für die Tat verantwortlich gemacht. Zugleich gab es – möglicherweise als Reaktion auf die Pauschalisierungen – Stimmen, die versuchten, die Tat vollständig aus dem politischen Kontext zu lösen, in dem sie entstand. Und es gab die wichtigen Grautöne dazwischen.

Und genau so ist es heute auch.

Es existieren sehr unterschiedliche Reaktionen von Seiten “der” Islamkritiker. Und das ist nachvollziehbar, denn “Islamkritik” existiert ja im Grunde nicht als einheitliches und definiertes Milieu mit einer klaren Parteipräferenz und Ideologie. Deniz Yücel versucht in seinem Artikel, Unterschiede zwischen einzelnen Strömungen zu beschreiben, und findet dabei heraus, dass diese unterschiedlichen Strömungen einerseits inkompatibel zueinander sind, dies jedoch in der Vergangenheit nur von wenigen klar und deutlich kommuniziert wurde.

Dies führte zu einer Form von Querfrontbestrebung, die Menschen aller ideologischen Lager unter einem Dach vereinen sollte. Das ist mittlerweile – zum Glück und hoffentlich dauerhaft – etwas anders.

Yücel legt hierbei dar:

Formuliert wurde die Islamkritik jedenfalls, bevor sie zum Volkssport im Internet wurde, vornehmlich von liberalen Intellektuellen, darunter vielen, die sich einst der (radikalen) Linken zugerechnet hatten und sich zuweilen immer noch als Linke verstanden
(…)
Eine deutsche Besonderheit war die linksradikale Islamkritik, wie sie von Vertretern der „antideutschen“ Strömung nach 9/11 oft unter Berufung auf die – von Breivik verhasste – Kritische Theorie in der Zeitschrift Bahamas und teilweise in der Wochenzeitung Jungle World(deren Redakteur der Autor dieser Zeilen von 2002 bis 2007 war) formuliert wurde. Einige aus diesem Spektrum wie der Politikwissenschaftler Matthias Küntzel haben sich im Zuge der Islamkritik von marxistischem Gedankengut abgewandt, andere nicht.
(…)
Hinzu kamen Islamkritiker aus (rechts)konservativen oder christlichen Kreisen, wie der frühere FAZ-Redakteur, Buchautor und spätere Mitgründer des Vereins „Pax Europa“ Udo Ulfkotte in Deutschland oder der katholische Religionswissenschaftler und Betreiber des Blogs“Jihad Watch“ Robert Spencer in den USA.

Hinzu kamen schließlich Figuren vom rechten Rand wie der heutige FPÖ-Vorsitzende Heinz-Christian Strache, die ihr altes Credo „Ausländer raus!“ durch „Moslems raus!“ ersetzten (und den Antisemitismus zurückstellten, weil sie nun in Israel einen Bündnispartner im Kampf gegen Islam erkannten.)

Es gibt heute also Kritik am Islam bzw. seinen radikalen Ausformungen von:

(ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
– Anhängern der kritisierten Religion
– Ex-Anhängern der kritisierten Religion
– Vertretern anderer Gruppen, die durch den Islamismus gefährdet sind
– Linksradikalen
– Liberalen
– Engagierten Atheisten
– Engagierten Anhängern anderer Religionen
– Rechtsradikalen

Diese Ausdifferenzierung ist keine Verharmlosung. Natürlich ist die Tat Breiviks eindeutig “islamkritisch” motiviert. Nichts anderes geht ihm durch den Kopf als “der Islam”(in demographischer Hinsicht). Und es täte allen Islamkritikern gut, sich nicht zu vorschnellen Abwehrreaktionen verleiten zu lassen, und insbesondere “Islamkritikern” täte es gut, einfach mal die Klappe zu halten.

Die Differenzierung ist notwendig, wenn man den Taten Breiviks wenigstens im Groben auf den Grund gehen möchte, und auch zur Ehrenrettung rationaler, humanistisch orientierter Kritik. Und das geht eben nicht, indem man sämtliche kritischen Äußerungen über einen Kamm schert und der Tat zuordnet(das tun auch nur sehr wenige). Das geht auch nicht, indem man sich einzelne prominente Autoren als Sündenbock herausfischt, um demonstrativ auf sie einzudreschen. Beides ist wenig sinnvoll und übertrieben. Letzteres sogar unverantwortlich. in mehrerlei Hinsicht. 1. Ist die Benennung irgendwelcher Namen im Zusammenhang mit solch großen Verbrechen unverantwortlich gefährlich und 2. Kann dies zum Einigelungseffekt führen, der jede Form der kritischen Selbstbetrachtung verunmöglicht.

Es kann also nicht um “alle” gehen, und auch nicht um ein, zwei oder drei Autoren. Es sollte darum gehen, die Geisteshaltung und –strömung zu verorten, auf der die tatsächlich existierende Form eliminatorischer “Kritik” gedeiht, die zuendegedacht auf die Verachtung menschlichen Lebens hinausläuft, die Breivik in die Praxis umgesetzt hat.

All die genannten Strömungen haben eigene Gründe für ihre Kritik. Man kann sie gutheißen, man kann sie ablehnen, aus welchen Gründen auch immer. Das ist kein Grund zum Handeln, sondern zunächst einer zum Reden. Wichtig ist, welche Gründe und Ziele Breivik für seine Tat hatte, und die sind mit kaum einer der genannten Strömungen vereinbar.

Breivik sieht sich selbst der letzten der oben genannten Strömungen zugehörig, der politischen rechten. Er bekennt sich zu sämtlichen völkisch-national bzw. ethnopluralistisch ausgerichteten Parteien in Europa, von FPÖ, über SVP, NPD bis hin zu Jobbik, und er argumentiert weitgehend in deren Sinne – entlang der kleinsten Schnittmenge all dieser Parteien: Anti-Einwanderung(am Islamthema festgemacht) und Anti-EU. Und in solchen Parteien bzw. in deren Umfeld herrscht ein überaus rauer Ton. An eine aus diesem Umfeld kommende kämpferische Rethorik, die bis hin zu Deportations- und Vernichtungsrethorik gegen “Fremde” und politisch andersdenkende reicht, hat man sich mittlerweile beinahe schon gewöhnt. Bis sie jemand beim Wort nahm.

Aber es ist nicht nur die aggressive Rhetorik, sondern auch der aggressive Inhalt, das Narrativ. Eine der Quellen, auf die sich Breivik bezieht, redet des Öfteren von einem “Bürgerkrieg”. Solche Bürgerkriegsphantasien gehören zu den genuinen Glaskugelprophezeiungen der “Neuen Rechten”. Ein solcher Bürgerkrieg sei natürlicherweise im Menschen angelegt und entfalte sich, sobald sich mehrere Ethnien in einem geographischen Gebiet aufhalten. In der Rechten wird ein solcher Krieg also geradezu herbeisehnt und herbeigeredet, und ihm solle sich am Ende auch “Europas Neuordnung” anschließen: Ein “Europa der Nationen”, fein säuberlich horizontal nach Stand sowie vertikal nach Ethnie sortiert. Dieser “Neuen Rechten” schwebt damit nichts anderes vor, als den NPD-Nazis. Die meinen im wesentlichen genau das selbe, nennen es jedoch “Rassenkrieg”.

An dieser Stelle gilt zudem festzuhalten: Die Rechte/Neurechte Verwendung des Begriffs “Islam” ist deckungsgleich mit der rechten Verwendung des Begriffs “Orientalisch/Asiatisch” – ersteres klingt jedoch nicht rassistisch und ist somit “politisch korrekt”. Daher wird die altrechte Argumentation als über diesen Weg gut im Mainstream platzierbar erachtet.

Diese Argumentation besteht in erster Linie aus der Kollektivstigmatisierung des “Fremden”(hier: des demographischen Islam). Diese Stigmatisierung geht auch ganz leicht, denn Argumente werden am laufenden Band geliefert: Themen der liberalen Kritik (z.B. am politischen Islamismus, am Jihadismus, am rechtskonservativen Patriarchat, etc.) werden hierbei durch die rechten ganz einfach dazu genutzt, um “den Orientalen an sich, wie er halt ist, bleibt und abzulehnen ist” zu beschreiben, und zwar in ständiger Wiederholung und mit ständigem Verweis auf eine vermeintliche “Täterschaft” der linken und liberalen (Damit sind auch friedliebende Christen und Juden gemeint) an der multiethnischen Realität. Das ist das inhaltliche Element des Rechtspopulismus. Auf diese Weise wird liberale Kritik zu rassistischer Stigmatisierung umfunktioniert – und es funktioniert. Ziel ist dabei nicht die kritische Reflexion seitens islamischer Verbände und Einzelpersonen(auch wenn sie bisweilen erfolgt), sondern Kollektivablehnung von Seiten der Mehrheit. Mehr nicht. Durch stete Wiederholung und Generalisierung von kollektiven Negativzuschreibungen soll eine gesellschaftliche Grundstimmung erreicht werden, die… STOPP!

Stopp. An dieser Stelle befindet sich die Gesellschaft gegenwärtig und sieht der Konsequenz ins Auge. Die Zukunft ist jedoch offen. Aber eines sollte nicht offen bleiben, und daran sollten alle menschenfreundlichen Kräfte mitarbeiten: Dass eine solche Tat nicht noch einmal geschieht.


Breivik und die „Propaganda der Tat“

In diesem Artikel von Alan Posener ist im Grunde alles wichtige dazu gesagt, wie die konkrete ideologische Einbettung des Terroristen von Oslo sinnvollerweise zu werten ist. Ein kurzer Auszug:

Um meinen Standpunkt anhand eines historischen Beispiels deutlicher zu machen: In meinem ersten Semester an der Universität lernte ich – flüchtig – Ulrike Meinhof kennen. Das war kurz vor ihrem Untertauchen.

Ich gewann damals den Eindruck, dass sie schwer gestört war. Und womöglich muss man, um das zu tun, was die RAF-Leute getan haben, sich in einem psychisch anormalen Zustand befinden.

Allerdings kamen die Gerichte in allen bundesdeutschen Terror-Verfahren zum Ergebnis, die Angeklagten seien durchaus schuldfähig. Und auch die bundesdeutsche Neue Linke betrachtete und betrachtet die RAF als Teil von sich; sei es, dass einige damals „klammheimliche Freude“ über die Morde der „Genossen der RAF“ empfanden, sei es, dass einige „Solidarität mit den politischen Gefangenen“ übten, sei es, dass viele heute im Rückblick erschauern, weil sie eben einen Zusammenhang zwischen radikalem Denken und radikalen Handlungen erkennen.

Ideen haben Konsequenzen. Worte haben Folgen. Wer diesen Zusammenhang nicht sehen will, gilt heute nicht einmal in linken Kreisen als wirklich ernst zu nehmen.

Und das gilt genauso auch für die rechten Kreise aller coleur. Sie (zumindest die intelligenteren unter ihnen) wissen sehr genau über die radikalisierende Wirkung des Wortes bescheid, und nutzen es auch bewusst in entsprechender Weise.

Wenn man die Terroristen der RAF ihrem ideologischen Umfeld zuordnen konnte, dann kann man dies mit Breivik erst recht. Mehr noch: Er selbst bezieht sich in seinem Manifest ganz konkret auf diejenigen Schriften, die ihn tatsächlich prägten und in seiner Haltung bestärkten. In so einigen davon finden sich klar umrissene Feindbilder.

Breivik hinterließ durch Tat und „Manifest“ bedeutende Hinweise. Hinweise darauf, in welchen konkreten Ideologischen Zusammenhängen seine Radikalisierung tatsächlich stattfand. Er brachte die Ideen lediglich zur Konsequenz. Und dass andere so denken wie er, davon kann man sich in dieser kleinen Sammlung überzeugen.


Oslo und die Medien. Was zum Lesen und Nachdenken

Eine interessante Leseperle vom Blog F!XMBR:

Oslo, Anders Behring Breivik und das Versagen der Medien

Die ersten drei Absätze als Auszug:

Wenn sich nach dem gestrigen Tag schon ein Fazit ziehen lässt, dann folgendes: Die Medien haben epochal versagt. Als am Nachmittag die ersten schrecklichen Meldungen aus Oslo veröffentlicht wurden, dauerte es nur wenige Minuten, bis Islamisten, sogar dem gesamten Islam, die Verantwortung zugeschoben wurde.

Jedes Medium, ob TV, Online oder Print, hatte sofort einen sogenannten Experten zur Hand — selbstverständlich trug der Bombenanschlag die Handschrift von Islamisten. Aus diesenVermutungen wurde nicht nur in den deutschen Medien, an vorderster Front trat die altehrwürdige New York Times in Erscheinung, schnell Gewissheit.

Ehrlich gesagt stehe ich ziemlich sprach– und fassungslos vor dem gestrigen Tag. Angesicht der schrecklichen Ereignisse, als auch den Medien gegenüber. Selbst als klar war, dass der Attentäter offensichtlich aus Norwegen kam, bis zur Stunde gilt er noch als Einzeltäter, schwadronierten die Medien noch über islamistischen Terror in Norwegen.

Auch der Rest ist unbedingt lesenswert. Also: Hier entlang.


“Wird der Typ von Rothschild gesponsert?”

Neulich bei PI. NigelF erklärt, was es mit PIscher “Israelsolidarität” auf sich hat. Er findet nämlich, dass es Vorteile hat, wenn Israel/die Juden von verrückten Terroristen bedroht werden.

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Mal abgesehen davon, dass “die” Muslime, auch wenn NigelF das wohl gerne hätte, keine einheitlich gemeinsamen Feindbilder haben (viele haben überhaupt keines), und Israel nicht von Muslimen als solchen bedroht ist, sondern von Antisemiten unterschiedlichster Couleur(unter denen es *auch* Muslime gibt), zeigt sich hier ein interessantes Denkmuster. NigelF, der sich hobbymäßig übrigens mit der Frage beschäftigt, wann in Deutschland sein ersehnter RassenkriegBürgerkrieg gegen Einwanderer startet, und sich dabei auf “Literatur” des antisemitischen Kopp-Verlages stützt, hat eigentlich nur etwas gegen Moslems. Deshalb liest er PI. Da dort jedoch plakative Israelsolidarität gezeigt wird, muss er sich eine Erklärung zurechtlegen, mit der er den Spagat zwischen PI und Kopp schafft. In der Konsequenz seiner Vorstellung wirft er seinen Feinden, die er als “die  Muslime” identifiziert, Juden zum Fraß vor, damit sie(“die Moslems”) nicht irgendwann ihn holen. In dieser Logik ist es angelegt, dass NigelF kein Interesse an einer friedlichen Beilegung des Nahostkonflikts entwickeln kann. Widerspruch bekommt er dabei freilich nicht zu lesen, denn mit seinem Kommentar hat er sehr treffend die PIsche Mainstreamhaltung zum Thema beschrieben.

Der humorbefreite OGDG erklärt, dass er das im PI-Copypaste-Beitrag gezeigte, sarkastische Video zum Thema “Einstaatenlösung” für einen ernstgemeinten Vorschlag hält, und vermutet schonmal, dass die Familie Rothschild dahinter steckt, zumal ja seiner Auffassung nach Juden wohl die USA beherrschten, für die Great Depression verantwortlich waren, und überhaupt, wohl die ganze Welt und noch mehr beherrschen.

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Natürlich bekommen beide keinen Widerspruch von den aufmerksamen PI-Mitschreiberlingen zu lesen. Seit 24 Stunden. Aber das nur am Rande.


Ene mene muh und raus bist du

Stürzenberger hat sich aus der Münchener CSU verabschiedet. Er ist in sofern freiwillig gegangen, als dass er ansonsten herausgeworfen worden wäre. Grund: Er kündigte einen Münchener Ableger der vorgeblich islamkritischen Partei “DF” an.

Ursprünglich war diese Partei ein Projekt von Stefan ‘Aaron’ Koenig. Als Beisitzer des Bundesvorstands der Piratenpartei Deutschland wurde Koenig aufgrund seiner Positionierungen zu Thilo Sarrazin, zum Schweizer Minarettverbot sowie schlussendlich aufgrund von Überlegungen zu einem militärischen Schlag gegen den Iran innerparteilich heftig kritisiert[*]. Daraufhin verließ er die Piratenpartei und gründete im Mai 2010 das Parteiprojekt “Die Freiheit” an und wusste bereits einige Unterstützer um sich herum zu versammeln. Später stießen Rene Stadtkewitz sowie die Neonazistische Rapperin “Dee Ex” hinzu. Letztere versuchte (laut eigenen Angaben auf ihrem Blog) im Rahmen der formalen Parteigründung mittels Einzelgesprächen andere Gründungsmitglieder von der Wahl Koenigs in den Parteivorstand abzuhalten. Ihre Motivation war es hierbei, eine nicht-Israelfeindliche Ausrichtung der Partei zu verhindern.

Resultat: Die Partei wurde mit einem klassisch-rechtsradikalen Profil gegründet, und die Neonazistin wurde zur Jugendbeauftragten ernannt. Zwar flog sie kurze Zeit später wieder raus, jedoch aufgrund einer – ihrer Darstellung nach – taktischen Distanzierung zu antisemitischen Positionen. Nicht jedoch aufgrund ihrer völkisch-nationalistischen Ansichten.

Immer wieder äußert sie sich zu dieser Partei, bekundet jedoch mittlerweile erste Sympathien zur Linkspartei, da ihrer Meinung nach Linkspartei und NPD “„fast“ die gleichen Ziele verfolgen”. Eine “MakSS Damage” von Rechts? Möglich. Jedenfalls schreibt sie in Analogie zu Kaiser Willhelm II.:

FÜR MICH GIBT ES KEINE LINKEN UND KEINE RECHTEN PARTEIEN MEHR

– FÜR MICH GIBT ES NUR NOCH DEUTSCHE ODER ANTIDEUTSCHE!

Wenn man nun Beiträge von Aaron Koenig in seinem Blog liest, dann merkt man, dass er nicht wirklich etwas mit Volksgenossen-Politik anfangen kann, und auch mit dem aktuellen Grundsatzprogramm der Partei nicht wirklich zufrieden ist. Man kann ihm seine Orientierung am Libertarismus durchaus abnehmen, auch dann, wenn man seine oben genannten in der Piratenpartei artikulierten und in “DF” platzierten Positionen nicht teilt. Genau diese Positionen sind jedoch die offene Flanke dieser Partei.

Letztlich wird er bei seinem Parteiprojekt nämlich auf eines hingewiesen sein müssen: Auch die FPÖ hatte einstmals einen liberalen Flügel(PDF, ab Punkt 3.1). Was davon übriggeblieben ist, sind Sprachregelungen wie das “F” im Parteinamen sowie die Besetzung des Begriffs “Freiheitlich” im österreichischen politischen Diskurs als Synonym für “Nationalistisch”[**]. Grund für den Untergang des österreichischen Liberalismus war just genau der Versuch, liberale und völkische Elemente in einer Partei unter einen Hut zu bekommen, wie ihn gerade “DF” vornimmt. Der Liberalismus wurde von völkischer Seite her von Beginn an lediglich als Werkzeug geduldet und genutzt, nicht jedoch als Wert geschätzt.

Dies, insbesondere den Hinweis auf das PDF, sollten diejenigen unter den “DF”-Mitgliedern wissen, die sich tatsächlich als eher liberal oder libertär begreifen. Insbesondere dann, wenn sie beobachten, dass – wie zuletzt Stürzenberger – reihenweise Leute beitreten, die sogar am rechten Tellerrand der CSU(!) herunterfallen, weil diese angeblich nicht autoritätsstaatlich genug gegen Einwanderung vorgeht. Solche Leute kritisieren die Worte Edmund Stoibers von einer “Durchrassung des deutschen Volkes” nicht etwa am Inhalt, sondern an der schmuddeligen Außenwirkung. Eine Partei mit liberalem oder libertärem Selbstverständnis kann und wird “DF” mit solchen Leuten nie werden können. Auch eine deutsche PVV kann sie so nicht werden.

Zum Glück, denn letzteres wird nicht gebraucht und ersteres ist schon abgedeckt. In der FDP.

[*] Nicht unbedingt dafür, dass er derartige Positionen überhaupt vertrat, denn inhaltlich fand er auch einige Fürsprecher, sondern in erster Linie dafür, dass er sie in seiner Vorstands-Amtszeit äußerte.

[**] Mehr dazu in einem kommenden Blogpost


PI-News, der Verfassungsschutz und die CSU

Ein interessanter Beitrag steht in der Süddeutschen.

Kleine Auszüge:

Man wies darauf hin, dass PI „eine starke Nähe zum Rechtsextremismus aufweist“. Oberbürgermeister Christian Ude wirft den PI-Aktivisten „Hasstiraden gegen den Islam als Weltreligion“ vor, fernab jeglichen tolerablen Diskussionsniveaus. Das Rathaus will Wirte auch weiter aufklären, Udes Kurs lautet: „Keine Toleranz der Intoleranz.“

(…)

Wer die Veranstalter einordnen will, kann ihre Internetseiten lesen. Die „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE), ein bundesweit agierender Verein, und der Polit-Blog „Politically Incorrect“ (PI), hinter dem informell organisierte Aktivisten stehen, sind formal getrennt. Es gibt aber starke personelle Verflechtungen. Gleich auf der PI-Startseite fand sich bis Dienstag eine Karikatur, auf der eine Europäerin mit blonden Zöpfen, ausgerüstet mit Helm, Schild und Lanze, einen Muslim mit einem Fußtritt aus Europa hinauswirft. Der Muslim ist gezeichnet als Schwein – eine der schlimmsten Beleidigungen für gläubige Muslime. Die Zeichnung wurde aufgrund der SZ-Recherchen von der Seite genommen.

(…)

Mehrere PI-Aktivisten sind Mitglied der CSU, Stürzenberger selbst ist erst 2010 beigetreten, obwohl er von 2003 bis 2004 Pressesprecher der Münchner CSU war. An führender Stelle will er zusammen mit anderen im Juni den Landesverband Bayern der neuen Partei „Die Freiheit“ gründen. Deren großes Vorbild ist der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders.

Das bringt die CSU in die Bredouille, die Münchner Partei-Oberen wirken alles andere als glücklich über Mitglieder à la Stürzenberger. „Sehr kritisch“ beobachte die CSU deren Aktivitäten, erklärt Parteichef Otmar Bernhard. „Kräfte, die sich gegen die Religionsfreiheit aussprechen, teilen nicht die Grundwerte der CSU und haben in der Mitte der CSU keinen Platz.“ Allein, ein Parteiausschluss ist an sehr hohe Hürden geknüpft.

(…)

An folgendem Teil eine kleine Hervorhebung:

Der bayerische Verfassungsschutz hält PI und BPE nicht für extremistisch. Sie seien „keine Beobachtungsobjekte“, „Detailkenntnisse liegen deshalb nicht vor“, so das Innenministerium. Immerhin, man habe ihre Aktivitäten „im Auge“, sprich: Man lese ihre Verlautbarungen. Oberbürgermeister Christian Ude kommentiert das Mitlesen der Verfassungsschützer so: „Wenn es ihnen dabei nicht kalt über den Rücken läuft, verstehe ich sie nicht ganz.“

Wenn man nach dem Bayrischen Verfassungsschutz geht, ist der Rechtsextremismus eh nur eine vernachlässigbare Größe. Die Zahlenentwicklung des bayrischen Verfassungsschutzes ist hier auffällig. Nach 2006 sind plötzlich über 2.000 Rechtsextremisten “verschwunden”, und beinahe ebensoviele Linksextremisten “aufgetaucht”. Das hängt damit zusammen, dass 2007 die von ehemaligen SPD-Mitgliedern gegründete WASG mit der PDS die Linkspartei gründete. Die ca. 1.600 ehemaligen SPDler und die in den Folgejahren kommenden Nachzügler wurden seitdem mit den 600 ehemaligen PDSlern gleichrangig als linksextrem eingestuft. In der selben Zeit verschwanden die Republikaner aus den Berichten, deren Zahl in Bayern noch für 2005 mit 2.300 angegeben wurde. Die Zusammenarbeit der REP mit der auch in Bayern vom Verfassungsschutz beobachteten “Pro” funktioniert jedoch heute ganz hervorragend. Derartige Kontakte sind für den Bayrischen Verfassungsschutz aber offenbar nur dann ein Anzeichen für Extremismus, wenn sie im Bereich “Links”(siehe auch hier) und “Islam” vorkommen.

Im Bereich “Rechts” ist die Lage in Bayern andersrum. Der Bayrische Verfassungsschutz untersteht dem CSU-Innenminister Joachim Herrmann. Die Tatsache, dass das rechtsradikal ausgerichtete Blog “PI” in Bayern kein offizielles Beobachtungsobjekt ist, obwohl es ebenfalls jahrelang sogar als semioffizielles Sprachrohr für “Pro” fungierte, kann man sich durchaus damit erklären, dass zumindest die ziemlich aktive Münchener Gruppe zu einem Teil aus Parteikollegen besteht. Es sieht halt nicht gut aus, wenn Mitglieder der Regierungspartei im Verfassungsschutzbericht stehen. Vielleicht war ja gerade dies das Kalkül von Stürzenberger, der CSU beizutreten.


Ein interessantes Buch

Hier beim Deutschlandfunk ist alles zu lesen. Es dürfte interessante Einblicke geben.

Drei Abschnitte zum Zitat:

„Die haben uns das ja sogar gesagt, ganz offen, in Ostdeutschland begegnen sie einer viel größeren Toleranz für ihr Gedankengut als in Westdeutschland. Und es ist offenbar einfacher politisch erfolgreich zu sein als Rechtsextremer, wenn man nach Ostdeutschland geht als wenn man das im Westen versucht. Das ist, glaube ich, die ganz einfache Erklärung dafür, warum es da so einen Braindrain, wenn man’s so nennen will, nach Osten gibt.“

(…)

Doch auch im Westen des Landes äußert sich rechtes Gedankengut unverblümt. „Politically Incorrect“ heißt eine Internetplattform, die der Kölner Stefan Herre betreibt. Dort schlägt Islamismuskritik à la Thilo Sarrazin um in offenen Rassismus und Gewaltfantasien. Christoph Schultheis:

„Das, was man klassischen Rechtsextremismus nennen will, der hat sicher diesen Zug nach Ostdeutschland. Man muss aber gleichzeitig sehen, dass sich im Westen über diese Islamkritik, Anti-Moschee-Organisation etc., dass sich da sozusagen auch eine neue Art von extremen rechten Milieus bildet. Nicht zuletzt sieht man das ja an Sarrazin, die positive Wahrnehmung von seinen Thesen findet eher im Westen statt als in Ostdeutschland.“

(…)

In ihren Texten halten sich Astrid Geisler und Christoph Schultheis mit Meinungsbekundungen zurück. Sie verzichten auf erhobene Zeigefinger und setzen der hysterischen Medienberichterstattung, der sie sich in einem Kapitel ausführlich widmen, auf angenehme Weise Gelassenheit entgegen. Wichtiger als der schlagzeilenträchtige Skandal ist es dort hinzuschauen, wo unsere Welt in doppeltem Sinne „heil“ ist, rechtes Denken also längst zum Alltag gehört. Das ist die Botschaft dieses lesenswerten Buches.


PI-News leugnet Rassismus

Ein PI-Autor regt sich in einem Betragsversuch über die Sächsische Zeitung auf.

Der Grund: In einem hervorragenden Artikel wird der Diskurs um eine “Deutschenfeindlichkeit” zurückgewiesen und dessen rassistische Funktion beleuchtet. Dazu kommt:

Und von welchen „Deutschen“ wird hier eigentlich geredet? Ohne es benennen zu müssen, ist hier von weißen (nichtmigrantischen und nichtjüdischen) Deutschen als Opfern die Rede – ihr Weißsein bleibt unmarkiert, sie sind schließlich Mehrheitsdeutsche. Dass tagtäglich Deutsche mit migrantischem Background Opfer von Rassismus sind, geht bei diesem Diskurs nicht nur unter. Mehr noch werden die tatsächlich Betroffenen von Rassismus systematisch unsichtbar und der nichtweißen Gruppe der potenziellen „Täter“ – egal ob mit oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit – wird ein weiteres Mal deutlich gemacht: Ihr seid keine Deutschen!

(Siehe auch: “Biodeutscher”)

Die Mär vom “bedrohten Deutschen” kommt ursprünglich von den klassischen – äh – “Opfern” der Geschichte:

Geschichtsrevisionisten kolportieren seit Jahrzehnten die Mär des Deutschenhasses als historisches Phänomen: Deutschenfeindlichkeit sei einerseits das Motiv aller anderen (westlichen) Nationen, Deutschland über Jahrhunderte in Kriege getrieben zu haben, Deutschland auch nach 1945 „klein“ zu halten, zu gängeln und zu schikanieren. Andererseits beschreibt der Begriff eine, auch „antideutsch“ genannte Haltung von Deutschen gegenüber ihrer „eigenen“ Nation. Also einen masochistischen Selbsthass, den die Jahre der „Umerziehung“ und eine „Systempolitik“, die sich „gegen das eigene Volk“ richte, hervorgebracht und kultiviert hätten.

Das in der heutigen Debatte mit „Deutschenfeindlichkeit“ betitelte Phänomen, also die Anfeindungen und Übergriffe auf weiße Deutsche, ausgeübt durch in Deutschland lebende „Nichtdeutsche“, wird in der extremen Rechten auch schon einige Jahre „angeprangert“. So führte bereits 1991 die Monatszeitschrift „Nation und Europa“ die regelmäßige Rubrik „Neues von der Überfremdungsfront“ beziehungsweise „Aktuelles aus Multikultopia“ ein, in der die angeblichen deutschenfeindlichen Übergriffe durch „Ausländer“ unter dem Titel „Gewalt gegen Deutsche“ aufgelistet wurden. Laut GEW darf man sich vor Problemen „nicht wegducken, man muss sich ihnen stellen“. Die öffentliche Diskussion um „Deutschenfeindlichkeit“ verdeckt jedoch eher Probleme, als sie zu erhellen. Wegducken können sich alle, die von strukturellem Rassismus profitieren: Weiße Deutsche können sich plötzlich mit den Betroffenen identifizieren. So ist das Geschrei groß und die Welt in ihr Gegenteil verkehrt: Weiße Deutsche sind Opfer von Rassismus – und Migranten die rassistischen Täter.

Hier findet sich weiteres lesenswertes zum Thema Rassismus. Speziell auf diesen Leugnenden PI-Beitragsmist trifft zu:

  • zu sagen „ich kenne viele Schwarze also kann ich kaum Rassist sein“ oder „in Deutschland gibt es doch gar nicht soo Rassismus“.
  • zu ignorieren, dass unsere Gesellschaft weiße Menschen strukturell und institutionell stark bevorzugt, und dadurch sein weißes Privileg zu leugnen.

Weiter:

Zu behaupten „ich muss mich da nicht überprüfen denn ich weiß dass ich was das Thema angeht 100% okay bin“ ist gelinde gesagt vermessen und nimmt eine schwere Angelegenheit auf die leichte Schulter (und lässt im übrigen auch die Frage aufkommen, ob es einen Grund für eine derartige reflexartige Abwehrreaktion gibt). Kaum ein Mensch, der Opfer von Rassismen war, würde so leichtfertig behaupten, ganz frei von Pauschalitäten und Vorurteilen zu sein (eben weil man sich als Opfer mit dem Thema auseinandersetzen muss und dabei wahrscheinlich eher auf die uncoole Wahrheit stösst: keiner ist ganz frei davon). Menschen, die nicht Opfer von Rassismus sind, sollten es sich also nicht so leicht machen, sondern wirklich versuchen, einmal ihre angesammelten Vorstellungen zu überprüfen. Und möglicherweise sogar dazuzulernen.

Der PI-Beitragsversuch verwendet den Begriff “Nazikeule”, und zwar auch als Synonym für den Begriff “Rassismuskeule”. Dies soll suggerieren, die Kritik sei nicht gerechtfertigt. Allein die Existenz dieses PI-Beitrags zeigt jedoch bereits, dass sich Autor und “Spürnase” diesen Schuh selbst anziehen. Sie selbst spielen sich zum Verteidiger des gesellschaftlichen Normalzustands auf, der kritisiert wird.

Praktisch sämtliche Kommentarbereicherer entsprechen hierbei – freiwillig oder unfreiwillig – der Denkweise, Schuld am Rassismus seien ja nicht die Rassisten, sondern die rassistisch diskriminierten, und sowieso – Es handle sich beim Rassismus nicht um Rassismus, sondern um “gesunden Menschenverstand”. E-kel-haft!

Sehr lesenswertes zum Thema:

Der Weißheit letzter Schluss

Wie entsteht restriktive Ausländerpolitik?

Wikipedia-Eintrag