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Vertrag von Lissabon beschert der Piratenpartei einen zweiten Parlamentssitz

Der schwedische Ableger der Piratenpartei sprach sich gegen den Vertrag von Lissabon aus, profitiert jedoch davon, und verdoppelt die Präsenz im Parlament, wie man auf TorrentFreak nachlesen kann:

Ironically, The Pirate Party was against the Lisbon Treaty, which has now doubled the number of seats the party has in the European Parliament.

Den Sitz BEKOMMT Amelia Andersdotter, die mit 22 Jahren nun als jüngste Abgeordnete im EU-Parlament sitzt.

Ein Video-Interview mit ihr über sich und die schwedische Piratenpartei findet sich beim Telegraph.


Vertrag von Lissabon – Gestoppt oder nicht gestoppt? Das ist hier die Frage.

Europäische Union Beides. Heute hat das Bundesverfassungsgericht ein Urteil gefällt, das ich persönlich als "historisch” bezeichnen würde, denn sowohl EU-Befürworter, die einen Stopp des Prozesses der Europäischen Integration fürchteten, als auch EU-Kritiker, die eine Entmachtung der Bundesrepublik befürchteten, sind weitgehend zufriedengestellt.

Übrig bleiben zwei harte Kerne von EU-Kritikern:

1. Diejenigen, die sich aus Nationalistischen Gründen – ungeachtet aller Vorteile der EU – grundsätzlich gegen jede Form der Europäischen Integration stellen. Vielversprechend ist deren inhaltliche Positionierung nicht.

2. Diejenigen, denen die ökonomische Ausrichtung der “EU von Lissabon” zu wirtschaftsliberal ist. Diese haben aufgrund der Wirtschaftskrise aktuell Rückenwind, allerdings enthält der Vertrag von Lissabon keine Ewigkeitsklausel, so dass spätere Verträge durchaus auch in deren Sinne ausgestaltet werden können – vorausgesetzt natürlich, der Wähler entscheidet sich für diese politische Richtung.

Es waren laut Darstellung in den Medien Peter Gauweiler(CSU) und die Linkspartei, welche gegen den Vertrag von Lissabon klagten. Für wesentlich halte ich in diesem Zusammenhang den Absatz 169 des Urteils:

1. Die Beschwerdeführer sind beschwerdefähig. Sie gehören zu dem Kreis von Personen, die eine Verfassungsbeschwerde als „jedermann“ im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG erheben können. Dies gilt auch für die Beschwerdeführer zu III. und V., die Mitglieder des Deutschen Bundestages sind, die Verfassungsbeschwerde jedoch als Bürger der Bundesrepublik Deutschland erheben. Sie berufen sich nicht auf ihren verfassungsrechtlichen Status gegenüber einem im Organstreitverfahren parteifähigen Verfassungsorgan, sondern machen eine Verletzung ihrer Grundrechte durch die öffentliche Gewalt geltend (vgl. BVerfGE 64, 301 <312>; 99, 19 <29>; 108, 251 <267>).

Es ist also nicht die Linkspartei, die geklagt hat, zumal es in dieser Partei extrem uneinheitliche Auffassungen zur EU gibt.

Das Bundesverfassungsgericht nahm sich angesichts des grundlegenden Charakters des Vertrags außergewöhnlich viel Zeit für die Beratung, und entsprechend lang ist auch das Urteil. Das Gericht wies die Klagen dann letztendlich im wesentlichen ab. Der Vertrag von Lissabon ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz vereinbar, jedoch fand das Gericht Stellen, an denen nachgebessert werden muss. In Absätzen 207 und 273 ist nach meiner Einschätzung die wesentliche Kernaussage des Urteils untergebracht:

Absatz 207

Die Verfassungsbeschwerden zu III. und VI. sind, soweit zulässig, teilweise begründet. Das Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union enthält gebotene Regelungen nicht und ist insoweit verfassungswidrig. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden und der im Organstreitverfahren gestellte Antrag der Antragstellerin zu II., soweit zulässig, unbegründet. Gegen das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon und das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23, 45 und 93) bestehen nach Maßgabe der Gründe keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Absatz 273

Der Vertrag von Lissabon und das Zustimmungsgesetz genügen – nach Maßgabe der Gründe – den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Anforderungen (1.). Das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23, 45 und 93) ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden (2.). Das Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union entspricht nicht den Anforderungen aus Art. 38 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 GG und muss vor Ratifizierung des Vertrags in verfassungsgemäßer Weise neu gefasst werden (3.).

Diesen beiden Absätzen folgt dann eine genauere Begründung des Urteils.

Die Bundesregierung wird nun Fleiß zeigen, und das Gesetz noch während der Sommerpause anpassen, damit es auf den Weg gehen kann. Was dann noch fehlt, ist die Abstimmung der Iren, und die Unterschriften von Vaclav Klaus (Tschechien) und Lech Kaczynski (Polen). Beide wollen erst dann unterschreiben, wenn alle anderen EU-Mitgliedsländer den Vertrag ratifiziert haben. Es liegt nun also ausschließlich an den Iren, ob der Vertrag 2010 in Kraft tritt.

Wie dem auch sei, auch morgen wird es wieder Nachrichten aus der EU geben:

Schweden löst am 01. Juli 2009 Tschechien beim EU-Ratsvorsitz ab.

Mehr über den Vertrag wird wohl bald auf dem European Union Law Blog erscheinen, daher an dieser Stelle schon einmal ein Link dorthin.

Das Grundgesetz sagt Ja zum Lissabon-Vertrag